Mittwoch, 13. September 2023

Steinachpasserelle – keine gute Veloverkehrslösung

Die Rede war einmal von einer «Velobahn» von Ost nach West. Später wurde sie «Veloschnellroute» genannt, dann «Velovorzugsroute» und in dieser Vorlage «velogängige Passerelle». 4m Breite inkl. Fussverkehr ist weit weg von dem, was heute noch auf der Website der Stadt versprochen ist. Wir befürworten direkte Velorouten, welche ein entspanntes, schnelles Vorwärtskommen ermöglichen. Dieses Projekt ist davon weit entfernt.

Die vorgesehene Breite von 4m reicht nicht, um den Fusssverkehr vom Veloverkehr baulich zu trennen. Kombinierte Geh-Radwege sind innerorts zu vermeiden. Sowohl für Fussgänger, als auch für Velofahrerinnen ist dieser Mischverkehr unangenehm.

 

Steinachstrasse, velogängige Passerelle Athletik Zentrum – Kantonsspital, Projektierung; Verpflichtungskredit

 

Magdalena Fässler im Namen der Fraktion
 

Wir haben es mit dieser Vorlage nicht einfach gemacht und die Meinungen gingen dann auch auseinander:

Wir möchten unsere Bedenken und Anliegen in Bezug auf das geplante Bauprojekt für eine velogängige Passarelle Athletik Zentrum – Kantonsspital doch im Einzelnen vorbringen. Nach der Fertigstellung der Frohbergstrasse haben einige von uns mit Erstaunen festgestellt, wie breit dieser Zubringer zum Kantonsspital und zum Autobahnanschluss in Richtung Osten ausgefallen ist.

Die Begründung für diese breit angelegte und dreispurige Strasse war, dass das Kantonsspital einen guten Zubringer für Notfalleinsätze benötigt. Dieses Argument können wir nachvollziehen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Notfälle zukünftig zum neu errichteten Haus 07A geführt werden sollen. Dies bedeutet jedoch, dass Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer auf der Rorschacherstrasse ein weiteres Lichtsignal in Kauf nehmen müssen.

Aktuell ist die Ampel so geschaltet, dass Velofahrende, die von Osten ins Stadtzentrum fahren, Grün haben, während die Ampel für den rechtsabbiegenden Autoverkehr ebenfalls auf Grün steht. Dies kann zu gefährlichen Situationen führen, da sich die Wege von Velofahrenden und den rechtsabbiegenden Autos kreuzen. Dieselbe Situation findet man weiter vorne bei der Abzweigung Rorschacher Strasse / Steinachstrasse vor.

Dies hat dazu geführt, dass sich die Sicherheit auf der Rorschacher Strasse in diesem kurzen Strassenabschnitt verschlechtert hat. Wir sind der Meinung, dass der neue Zubringer und Abzweiger Rorschacherstrasse / Frohbergstrasse ausreicht, um den Verkehr zum Kantonsspital und zur Stadtautobahn zu leiten. Der Zubringer Steinachstrasse in seiner aktuellen Form ist nicht mehr notwendig. Wir sind der Auffassung, dass die vorliegende Situation eine hervorragende Gelegenheit bietet, die Steinachstrasse neu zu gestalten und für den Fuss- und Veloverkehr, für das Athletikzentrum, für Spaziergänger des Stadtparks, für die Bewohnerinnen und Bewohner des Quartiers und für viele mehr aufzuwerten. Die Steinachstrasse könnte begrünt werden und eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 20 oder 30 km/h erhalten. Eine Erweiterung des Stadtparks wäre eine weiter attraktive Option, insbesondere da die VBSG in naher Zukunft umziehen wird.

 

Wir befürworten im Grundsatz Velorouten, jedoch halten wir dieses Projekt unter Berücksichtigung der genannten Aspekte nicht für notwendig. Die finanziellen Ressourcen könnten besser für andere Projekte investiert werden.


Blicken wir von Ost nach West, so bleibt das Problem der Überquerung des Autobahnzubringers Splügenstrasse ungelöst, selbst nach der Umsetzung dieses Projekts. Der Veloweg würde vor der Frauenklinik verlaufen, was angesichts der vielen Rückwärtsfahrer und Parkplatzsuchenden der oberirdischen Parkplätze lebensgefährlich wäre.

Es ist unwahrscheinlich, dass die rund 60 Parkplötze in weiter Zukunft gestrichen werden, da die Frauenklinik sicherstellen muss, dass gebärende Frauen möglichst nahe am Gebäude parkieren können. Im östlichen Teil des Gebäudes Frauenklinik befindet sich bereits ein Parkhaus, welches den Mitarbeitern vorbehalten ist. Unter der Frauenklinik befindet sich zudem das Kanalsystem des Kantonsspitals. Eine Lösung, um Velofahrende sicher durch das Kantonsspital zu führen, ist derzeit nicht absehbar.

 

Darüber hinaus sehen wir keinen Grund, warum die Veloschnellroute mit Schlangenlinie über das Haus 02 und Haus 03 hinter dem Athletikzentrum bis zum Museumsquartier geführt werden sollte, wenn die Steinachstrasse diese Funktion direkter erfüllen könnte.

 

Ursprünglich angepriesen als Veloschnellroute, inzwischen als Velovorzugsroute bezeichnet, weist das vorliegende Projekt einen grossen Mangel auf. Auf der 4m breiten Passerelle ist auch Fussverkehr zugelassen. Dabei gibt es keine bauliche Trennung zwischen Velo- und Fussverkehr. Das könnte z.B. ein Trottoir sein. Konflikte zwischen Velofahrerinnen und Fussgängern sind vorprogrammiert. Fussgänger werden gefährdet, Velofahrerinnen ausgebremst.

 

Velofahrende erreichen auch ohne Strom 25 bis über 30 km/h, mit Strom sowieso und noch mehr. Der Geschwindigkeitsunterschied vom Velo zum Auto ist somit geringer als vom Velo zum Fussverkehr. 

Wir appellieren daher an die Planenden, innerorts auf kombinierte Rad-Fusswege zu verzichten.


Insgesamt betrachten wir dieses Projekt als unvollständig durchdacht.

Aus all diesen Gründen werden die Fraktion Grünliberale und Junge Grünliberale mehrheitlich gegen diesen Verpflichtungskredit stimmen.


 

Marcel Baur in eigenem Namen


Wir haben es gehört, 9:1 in der LBK. Damit lüfte ich ein Komissionsgeheimnis. Ich bin das eine Irrlicht. Weshalb?

 

Die Passerelle Steinachstrasse ist im 3. Aggloprogramm (ich zitiere) als Bestandteil des Ost-Astes „Velobahn“ ausgewiesen und „die Schliessung dieser Netzlücke“ ermöglicht die Schaffung einer Velobahn und verbessert die Verkehrssicherheit.
 

Nun frage ich sie, gehören Fussgänger auf eine Velobahn, so wie Velos auf eine Autobahn gehören? Die Stadt sieht durchaus Ausnahmen vor, wenn es um die Mischung von Fuss- und Veloverkehr auf einer Velobahn geht. In St.Gallen ist diese Mischung allerdings der Normalfall. Aus meiner Sicht eine Fehlplanung, die nicht der ursprünglichen der Veloschnellroute entspricht, so wie sie im Aggloprogramm und in der städtischen Netzplanung vorgesehen ist.

 

Die nächste Frage: Wird mit dieser Passerelle eine Netzlücke geschlossen? Nein, leider nicht. Sie schafft eine neue Lücke. Nämlich vom Areal des Kantonsspitals bis zur Kreuzung Splügenstrasse. Hier fehlt ein Plan, wie diese Lücke geschlossen werden soll. Die angebliche Velobahn oder Velovorzugsroute führt im Osten durch das Parking-Areal der Frauenklinik, was angesichts der Anordnung der Parkfelder so nicht zulässig ist. In der LBK erkannte man das Problem, wir bekamen aber keine verbindlichen Aussagen und wurden auf das Prinzip Hoffnung und Vertrauen verwiesen. Das lässt sich dann schon irgendwie lösen.

 

Und dann steht da noch etwas von einer Querung des Autobahnzubringers Steinachstrasse. Hier hat sich die Situation mit dem Ausbau der Frohbergstrasse stark verändert. Der Autobahnzubringer ist nicht mehr die Steinachstrasse sondern neu, erst vor wenigen Wochen durch den Kanton signalisiert, die Frohbergstrasse. Es sei denn, man hat hier durch die „unerlaubte“ Hintertüre eine neue zusätzliche Hauptverkehrsachse und Autobahnzufahrt gebaut. Ansonsten könnte die Steinachstrasse eine neue äusserst reizvolle Aufgabe im Sinne von Grünes Gallustal übernehmen. Kombiniert mit der Querung Steinachstrasse.

 

Ich fasse zusammen: Eine Velobahn mit Fussgängern, ein in sich geschlossenes Puzzleteil, das im Osten keine Lücke schliesst sondern neue schafft und eine veränderte Situation vor Ort, die mehr Chancen als Riskien bietet? Ist das heute ein Projektkredit von einer halben Million wert? Diese Vorlage ist die letzte Chance, die Unzulänglichkeiten noch zu korrigieren. Beim folgenden Baukredit von rund 6 Millionen ist es dafür dann zu spät.

 

Und wie gewohnt noch ein Seitenhieb in die Runde. Man bekommt manchmal das Gefühl, wenn irgendwo Velo drauf steht, dann muss oder darf man nicht genau hinschauen geschweige denn etwas ablehnen. Man könnte sich ja ins Abseits stellen. Und ob die bürgerliche Seite in Velofragen ganz laisser faire auf ein 6-Millionen-Bauvorhaben zusteuert, weil sie aufgegeben hat? Oder weil sich das Velomänteli im Wahlkrampf gut macht? Ich weiss es nicht.