Die Grünliberalen fordern deshalb, das Verkehrsregime in der Innenstadt gesamthaft zu überdenken. Könnte beispielsweise ein Einbahnringregime die unterschiedlichen Ansprüche besser miteinander vereinbaren?
Der Verkehr in der Innenstadt muss neu gedacht werden.
Im Stadtparlament wurde vor Kurzem die Verkehrsbefreiung des Bypass Unterer Graben gefordert. Hinter diesem Wunsch stehen auch die Grünliberalen. Zurzeit ist eben dieser wegen Bauarbeiten gesperrt. Doch selbst während der verkehrsärmeren Ferienzeit, staut sich der Verkehr vom Blumenbergplatz über die Schibenertor-Kreuzung zurück. Es scheint also, wie vom Tiefbauamt befürchtet, bei einer Sperrung zu einer Überlastung des Knotens Schibenertor zu kommen.
Auch der Wunsch, nach einer einseitigen Verkehrsführung jenseits der Mittelinsel am Schibenertorplatz, ist schwierig, wenn gleichzeitig Forderungen nach Velospuren im Raum stehen.
Die Studie «Grünes Gallustal» sieht eine Begrünung der Strassenräume und die Pflanzung von Alleen vor. Für die Grünliberalen ist es eine Notwendigkeit, dem Klimawandel entgegenzuwirken und die Überhitzung der Stadt zu vermindern, weshalb sie die Umsetzung der Massnahmen in «Grünes Gallustal» nach Möglichkeit befürworten.
Der Verkehr muss abnehmen
All diese Wünsche und Forderungen stehen im Widerspruch zum primären Zweck von Strassen, die Liegenschaften zu erschliessen. In der Innenstadt zwischen Altstadt und St.Leonhard würde beispielsweise die Erreichbarkeit von Parkgaragen stark erschwert, weshalb eine Sperrung nicht ohne Weiteres möglich ist. Hingegen kann der Durchgangsverkehr auf der Rosenbergstrasse kanalisiert werden. Für die Ziele Hauptbahnhof, Universität oder die grossen Parkgaragen Brühltor, Burggraben oder, demnächst auch, Unterer Graben ist die Route St.Leonhard-Strasse – Oberer Graben ohnehin der falsche Weg. Doch mit dem geplanten Autobahnanschluss Güterbahnhof würde dieser sogar gestärkt.
Mit der Rückweisung der Umgestaltung der St.Leonhard-Strasse zwischen Hauptpost und Neumarkt, dem Auftrag zur Prüfung einer Tempo-30-Zone und dem Verzicht von Lichtsignalen hat das Stadtparlament ein klares Zeichen gesetzt. Eine kurze Denkpause schadet nicht. Diese Zeit muss für die Gesamtbetrachtung genutzt werden.
Welches sind die wichtigsten Ziele für den motorisierten Individualverkehr (MIV)? Wo sind die starken Fussverkehrsströme? Wo darf der ÖV keine langen Wartezeiten haben? Wie bringt man den Veloverkehr möglichst fliessend durch das Zentrum?
Einbahnringe prüfen
Möglicherweise kann der Verkehr in einem System aus Einbahnstrassen effizienter, platzsparender und flüssiger abgewickelt werden. In New York wird der Verkehr so kanalisiert, aber auch Lugano oder Freiburg im Breisgau, funktionieren nach diesem Modell. In Freiburg gilt für die Hauptdurchgangsstrasse zudem Tempo 30 – ein Ansatz, der auch in St.Gallen kein Tabu mehr sein darf. Der dadurch gewonnene Platz soll attraktiveren Fussverkehrsbereichen und der Begrünung zugute kommen. Velofahrende sollen sich, je nach Geschwindigkeit, in den Mischverkehr eingliedern, oder sich entsprechend rücksichtsvoll in Begegnungszonen fortbewegen.
Auf Einbahnstrassen findet sich eher Platz für Radstreifen als im aktuellen Verkehrsregime. Clever durchdacht, könnte weitgehend auf Linksabbieger verzichtet werden. So könnten Lichtsignalanlagen und Rückstaus reduziert werden.
Vieles ist organisch gewachsen. Viel zu oft, wird ein Verkehrsregime als gegeben vorausgesetzt. Bloss nichts ändern. Die Grünliberalen erwarten von der Stadt eine agilere Denkweise, was die Weiterentwicklung des Verkehrsregimes betrifft. Es bleiben uns keine 40 Jahre, um die Verkehrssünden der Vergangenheit auszubügeln, der Klimawandel ist schon längst auf der Überholspur!