Dienstag, 30. Oktober 2018

Mehr Grün im Strassenraum

Die heissen Tage dieses Sommers haben uns gezeigt, wie wertvoll der Schatten grosser Bäume ist. Für ein kühleres Stadtklima sind sie unabdingbar. Leider wird ihr Wert nicht immer erkannt.

Auslöser unserer Fraktionsinterpellation vom 30.10.2018 war die Rorschacher Strasse. Bäume sollten vermehrt unser Strassen- und Platzbild prägen. Umso mehr empfinden wir den Totalverzicht auf jegliches Grün entlang der Rorschacher Strasse zwischen Krontalplatz und Neudorfplatz als stossend. Zwar hat die Bauherrschaft des Geschäftshauses Rorschacher Strasse 226 in den Visualisierungen vor Baubeginn Bäume eingezeichnet, gepflanzt wurde diese jedoch nicht. Auch sonst fehlt hier jeglicher Grün. Die Vorplätze dieser Liegenschaft wie auch jene der Neuapostolischen Kirche wurden asphaltiert und mit Beton-Sitzgelegenheiten aus dem Katalog versehen. Unschön.

Der Wert von schattenspendenden Bäumen wird unterschätzt. Oft ist bei Platz-, Park- und Strassensanierungen von «Erstpflanzungen» die Rede. Dabei sind kleine Frischlinge effektiv kein Ersatz für einen 50 oder mehr Jahre alten Baum. Die Bäume rund um das Vadian-Denkmal wurden bei der letzten Platzsanierung vor ca. 20 Jahren gepflanzt. Langsam erreichen sie eine Grösse, welche Schatten wirft und auch fürs Auge etwas hergibt. Bis Jungbäume ihre Wirkung entfalten, dauert also eine Generation.

Das Entfernen der Bäume bzw. das Pflanzen von «Ersatz» war massgeblich ein Kriterium für das Nein zur Marktplatzvorlage 2011. Als bei der Rorschacher Strasse im Zusammenhang mit der Anpassung der Bushaltestelle Kantonsspital und dem bevorstehenden Ausbau der Frohbergstrassenkreuzung das Gerücht von der Fällung aller Bäume dieser Allee die Runde machte, löste dies einen breiten Unmut aus.. Auch wenn diese Rodung zu keinem Zeitpunkt beschlossen war, ist die Idee nachvollziehbar, denn Bäume dieser Grösse benötigen ständige Pflege , um Strasse und Busleitungen nicht zu gefährden. Das kostet. Doch das sollten uns Bäume wert sein. Dass über eine flächendeckende Fällung nachgedacht wurde, wäre daher nachvollziehbar.

Im Falll der Rorschacher Strasse: Die Strasse weist noch aus der Zeit der 1970er Jahre eine Überbreite auf.

Wäre es denkbar, die nicht benötigten Strassenflächen, z.B. der Mittelstreifen im Bereich der oben erwähnten Liegenschaften oder auch beim Grossacker mit Bäumen aufzuwerten? Dass dies verkehrstechnisch möglich ist, zeigt das Beispiel der Hauptstrasse in Staad Richtung Osten, welche nicht weniger verkehr aufweist. Einziges Hindernis könnten Leitungen darunter sein.

Wären andere Begrüngsmassnahmen denkbar? Wäre es denkbar, dass für die (Um)-Gestaltung von Strassenräumen die Pflanzung von Bäumen in die Norm aufgenommen würde, wie dies in Zürich der Fall ist? Denkbar wäre für eine Baumreihe seitlich, dazwischen öffentliche Parkfelder. Im Gegensatz zum Stadtzentrum, wo Parkplätze genügend vorhanden sind, fehlen diese entlang der Ausfallachsen oft. Doch gerade an diesen Strassen befinden sich oft Fachgeschäfte mit regionaler oder gar überregionaler Ausrichtung. Diese sind in grösseren Mass auf Parkiermöglichkeiten für ihre Kunden angewiesen.

Geht es um die Erhaltung der Pärke und um die Pflege des allgemeinen städtischen Baumbestands, so kann der Stadt nur Lob ausgesprochen werden. Eine Sensibilität ist spürbar, auf Baumpflege wird Wert gelegt. Doch im Zusammenhang mit Umgestaltungen wird die Option von «Ersatzpflanzungen» zu schnell in Erwägung gezogen. Dabei wird ausser Acht gelassen, dass ein Baum mindestens 20 Jahre braucht, um einigermassen als Ersatz bezüglich Beschattung und Bild zu gelten. Darum sollte auch der Wert von Bäumen erhöht werden, denn während ein Gebäude, zugegebenermassen durch hohe finanzielle Mittel, identisch wiederaufgebaut werden kann, ist dies bei Bäumen nicht möglich. Darum sollte der Schutz von Bäumen generell erhöht werden, was auch eine höhere Bestrafung bei bei Tätlichkeiten, wie dies kürzlich bei der Kapflinde geschehen ist, dagegen gilt.

Schutz von Bäumen. Anstatt von «Ersatzpflanzung» sollte von «Nachfolgepflaunzung» die Rede sein. Schattenplätze unter Bäumen sind im Sommer begehrt. Mit dem Klimawandel wird die Nachfrage noch steigen. Wie lange soll der Schatten der Bäume auf dem Schibenertorplatz noch den parkierenden Autos vorbehalten sein? Oder einem Abfallcontainer, wie auf dem Marktplatz?

Mehr Bäume oder überhaupt Bäume- und Grünpflanzungs-Verpflichtung für Private. Wie könnte das Ziel, mehr Baumpflanzungen auf privaten Flächenmit einer möglichst liberalen Regelung ausgestaltet sein, ist dies doch eigentlich widersprüchlich? Könnten Private zur Pflanzung ermuntert werden, wenn die Stadt bzw. das Gartenbauamt die Pflege und den Unterhalt übernimmt? Was würde das die Stadt kosten?

Mehr Grün im Strassenraum
Grünliberale Fraktionsinterpellation im Wortlaut

Erneut haben die heissen Tage des vergangenen Sommers gezeigt, wie wertvoll schattenspendende s Bäume für die Aufenthaltsqualität sind. Mit anderen Grünelementen, wie z.B. Kletterpflanzen, tragen diese viel zu einem angenehmen Stadtklima bei. Im Unterschied zu grossflächig versiegelten Oberflächen entlasten Grünstrukturen auch die Kanalisation mit sog. 'Vorflutern' vor Schmutzwasserstössen. Grünelemente steuern demnach einen wesentlichen Beitrag zu Luftqualität,Stadtklima und auch zur Wasserqualität bei, bzw. kann (wesentlich teurere) technischen Rückhaltelösungen ersetzen.

Allerdings bilden in St.Gallen vielerorts überbreite Fahrspuren und lange Abbiegespuren zusammen mit 'unterhaltsfreundlich' geteerten Vorplätzen ein tristes Bild grossräumiger Asphaltflächen. Nebst etlichen Beispielen im Westen (zwischen Knoten Kreuzbleiche und Arena) fällt im Osten der unlängst erstellte Bereich bei der Bushaltestelle Grütlistrasse als suboptimale Lösung auf. Auf Höhe Geschäftshaus Rorschacher Strasse 226 ist die Strasse über 13m breit. Diese asphaltierte Fläche wird durch die Trottoirs und die geteerten Vorplätze der privaten Anlieger noch zusätzlich verbreitert.

Ohne Verlust für die Verkehrssicherheit liessen sich hier – wie auch im Bereich des Einkaufszentrums Grossacker - Grünflächen und -elemente in den Strassenraum integrieren. Vorstellbar wäre beispielsweise ein Multifunktionsmittelstreifen mit Grüninseln oder Bäumen, oder auch eine Baumreihe mit entsprechenden Zwischenräumen für Anliefer- und Abholmöglichkeiten. Da ausserhalb des Stadtzentrums unterirdische Parkgaragen häufig fehlen, wären auch dem Gewerbe mit schattenspendenden Aufenthalts- und Haltemöglichkeiten besser gedient als mit einem wenig ansprechenden asphaltierten Aussenraum.

Gemäss Art. 46 der Bauordnung sind «für Verkehrsanlagen wasserdurchlässige Beläge oder Anlagen mit Versickerungsmöglichkeit einzubauen, soweit dies möglich ist». Entlang der Rorschacher Strasse finden sich viele Liegenschaften, deren Vorplätze asphaltiert sind, obwohl sie weder der Erschliessung noch Parkierungszwecken dienen, namentlich bei der Neuapostolischen Kirche oder bei erwähntem Geschäftshaus Rorschacher Strasse 226. Bei letzterem war übrigens in der – zugegebenermassen unverbindlichen – Projekt-Visualisierung eine Allee eingezeichnet.

Obwohl die von der Verwaltungseinheit 'Grün St.Gallen' gepflegte Bereiche bereits einen wichtigen Beitrag zur Stadtbegrünung leisten, zeigen die erwähnten Beispiele, dass Gelegenheiten zur Schaffung von mehr Grün im Strassenraum noch immer ungenügend wahrgenommen werden.

Daher bitten wir den Stadtrat um die Beantwortung folgender Fragen:

1. Teilt der Stadtrat die Ansicht, dass in Zeiten heisser werdender Sommer mehr Grün im Strassenraum einen positiven Einfluss auf das St.Galler Stadtklima hat?

2. a) Weshalb setzt die Verwaltung Art 46. der Bauordnung kaum um bzw. durch?
b) Welche Möglichkeiten sieht die Stadt neben einer gelebten Vorbildfunktion auch Private zur Bepflanzung von nicht verkehrlich genutzten Vorplätzen zu motivieren.

3. Verfügt die städtische Verwaltung über interne Leitlinien zur (Um)-Gestaltung von Strassenräumen mittels Grünelementen wie z.B. Zürich in «Gestaltungs-Standards Stadträume: Strassen»? Falls nicht: Wäre es zweckmässsig entsprechende Standards zu erarbeiten boder bereits bestehende Leitlinien an unsere Verhältnisse anzupassen und zu übernehmen?