Interpellation Jacqueline Gasser-Beck, Magdalena Fässler, Veronika Meyer: Sicherheit ist auch weiblich – Wie lässt sich die Attraktivität der Polizeiarbeit für Frauen bei der Stadtpolizei steigern?
Jacqueline Gasser-Beck; im Namen der Grünliberalen und Jungen Grünliberalen Fraktion sowie in eigenem Namen als Interpellantin
Wir bedanken uns beim Stadtrat für die Beantwortung der Interpellation. Gleichzeitig stellen wir erfreut fest, dass zu diesem Thema ein Projekt an der Fachhochschule St.Gallen zum Thema «Zukunftsorientierte Führungskultur bei der Polizei» lanciert wurde. Dies ist im Anbetracht der aufgearbeiteten Daten sinnvoll und auch nötig.
Seitdem die erste Frau ihren Dienst in den 1980er-Jahren aufgenommen hat, ist der Frauenanteil bei der Stadtpolizei auf rund einen Drittel angewachsen. Man könnte meinen, alles wunderbar, war doch die Rolle des Polizisten noch vor nicht allzu langer Zeit klar männlich besetzt.
Aber halt, war das nicht auch mal für Lehrer der Fall? Wie wir heute wissen sind Lehrerinnen, zumindest was die Primar- und Sekundarstufe betrifft – Jobsharing sei Dank – schon längst in der Überzahl. Einzig auf universitärer Stufe sind Frauen nach wie vor mit unter 30% vertreten. Und da stolpert man doch gleich nochmals – wieso ist das so?
An den fehlenden Möglichkeiten zum Jobsharing kann es offensichtlich nicht liegen. Im Gegenteil, Jobsharing wäre auf Terziärstufe sogar noch einfacher einzurichten. Hemmfaktor ist demnach nicht in erster Linie die Arbeitsorganisation, wie dies auch der Bericht zur Polizeiarbeit für Frauen nahelegt, sondern einmal mehr die «gläserne Decke» – kurz die Rahmenbedingungen für Frauen, die ein Aufstieg in Führungspositionen erschweren. Wir erinnern uns, die Schweiz rangiert auch 2021 noch immer unverändert auf dem vierthintersten Platz, vor der Türkei, Japan und Südkorea im «Glasceiling Index» des «Economist». Gemessen werden Faktoren wie die Hochschulbildung, Erwerbsbeteiligung (Teilzeit), Löhne, Kinderbetreuungskosten, Mutter- und Vaterschaftsrechte und Vertretung in Führungspositionen.
Betrachtet man die erhobenen Zahlen etwas genauer, zeigt sich, dass die Schwierigkeiten einmal mehr in den Aufstiegschancen liegen. Von den 20% des Corps die eine Führungsfunktion mit Personalführung wahrnehmen, beträgt der Frauenanteil lediglich 1%. Und auch in der Fachführung sieht es mit 16% gegenüber 3% Frauen nicht viel besser aus.
Studien zeigen, dass vor allem tiefe Teilzeitpensen (ob nun vor oder während der Familienphase) eigentliche Karrierekiller sind. Dies zeigt sich auch in der Polizeiarbeit deutlich. 60% der weiblichen Corpsangehörigen arbeiten in Teilzeit und dies grossmehrheitlich mit tiefen Pensen unter 60%. Leider kann aus der Interpellationsantwort nicht erschlossen werden, wie viele männliche Corpsmitglieder in Teilzeit arbeiten. Ich gehe davon aus, dass es sehr wenige sind. Und sollte es doch den einen oder anderen Mann geben, der in Teilzeit arbeitet, beispielsweise weil er eine Weiterbildung absolviert, dann geschieht dies in der Regel mit einem nahezu vollen Pensum. Die Vermutung liegt nahe, dass noch immer sehr wenig Familien- oder Carearbeit von Männern wahrgenommen wird, bzw. die klassischen Rollenbilder bei der Polizei prädominant sind.
Es wird deshalb wichtig sein, gezielt an einer Kultur zu arbeiten, die ein egalitäres Familienmodell unterstützt . Dies bedingt, neben flexiblen Arbeitszeitmodellen auch, gezielt Männer zur Teilzeitarbeit zu ermutigen. Zu erwägen wären auch Führungspositionen im Topsharing – ein Modell das bereits in der Schweizer Armee erfolgreich eingesetzt wird. Im optimalen Fall würden sich dann ein Mann und eine Frau eine Führungsposition mit Personalverantwortung teilen.